Günter Kessler zählt
zweifelsfrei zu den bedeutendsten Trainern im Golfsport in Deutschland. Der
Diplom-Golflehrer hat aus Talenten wie Martin Kaymer, Marcel Siem oder Caroline
Masson erfolgreiche Profis geformt. Seit 1996 unterrichtet der
PGA-Professional, DGV-Stützpunkttrainer und Leistungs-Coach an der
Hummelbachaue, wo er ein achtköpfiges Trainerteam leitet.
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Günter Kessler (Quelle: privat) |
Im Vorfeld der Kölner
Golfwoche spricht der von der Zeitung „Die Welt“ einmal als „sympathischer
Tiefstapler“ beschriebene Kessler über den Golfstandort Rheinland,
Talentförderung und eigene Wünsche.
Herr Kessler, in
diesem Jahr ist die Golfanlage Hummelbachaue in Neuss erstmals Teil der Kölner
Golfwoche. Sie sind hier seit 1996 als Trainer aktiv. Bitte beschreiben Sie
doch einmal die Anlage.
Die Anlage ist eine Herausforderung für jede Spielstärke. Auf diesem Platz
geht es nicht nur um Länge, sondern auch um Genauigkeit. Durch gute Taktik wird
es kein Problem sein, diesen Platz zu meistern.
Mit Martin Kaymer, Marcel Siem, Maximilian Kieffer, Caroline Masson oder
Sandra Gal kommen gleich mehrere der besten deutschen Golfer aus dem Rheinland.
Auch was Quantität und Qualität der Platzanlagen angeht, gehört die Region zu
den attraktivsten Standorten Deutschlands. Sehen Sie das genauso?
Das ist sicherlich so. Wir haben im Rheinland eine hohe Dichte an qualitativ
hochwertigen Golfanlagen. Durch die hohe Bevölkerungsdichte sind die meisten
auch entsprechend gut ausgelastet, einige Clubs in den Randgebieten würden sich
aber auch über ein bisschen Zuwachs freuen.
Wie erklären Sie sich
die relativ hohe Talentdichte im Rheinland?
Wir haben viele jungen Spielerinnen und Spieler die sich vorgenommen haben
Golf als Leistungssport zu betreiben. Wir haben Eltern, Trainer und Clubs, die
diesen Weg der jungen Athletinnen und Athleten begleiten und unterstützen. Möglicherweise
ist durch eine vorherrschende Konkurrenz auch der Ansporn der Trainer größer,
die Jugendlichen in ihrem Club besser auszubilden.
Also belebt
Konkurrenz das Geschäft?
Konkurrenz hilft. Es spornt vielleicht den einen oder anderen Trainer mehr
an. Natürlich braucht es eine gewisse Zeit, um einen jungen Menschen nach vorne
zu bringen. Sie haben eine Strecke von etwa zehn Jahren, die sie durchhalten
müssen, inklusive aller Fremdeinwirkungen. Das ist ein Geduldsspiel für
Spielerin oder Spieler, Eltern und Trainer. In unserer Zunft ist es ein großer
Nachteil, dass die meisten Trainer nicht so lange vor Ort sind, um einen
Spieler ausbilden zu können. Die Trainerfluktuation ist dabei ebenso ein
Problem, wie die Einteilung der Talente in Jahrgänge. So bekommen die Talente
alle zwei Jahre einen neuen Trainer. Das ist aus meiner Sicht nicht ideal, um
talentierte Jugendliche nach vorne zu bringen. Sie haben gerade Vertrauen zu
ihrem Trainer aufgebaut, da kommt schon wieder ein anderer. Vielleicht sollte
diese Methode bei solch einer komplexen Sportart hinterfragt werden.
Wie können noch mehr
Talente in die Spitze, sprich in die Nationalkader oder auf die Tour gelangen?
Seit einigen Jahren werden immer gleiche oder ähnliche Dinge versucht um mehr
erfolgreiche Golferinnen und Golfer zu bekommen. Mit dem Ergebnis, es werden einfach
nicht mehr. Warum baut man es nicht so auf, dass die Top-Trainer schon in ganz
jungen Jahren mit den vielversprechenden Talenten arbeiten und bei ihrer Arbeit
entsprechend von Trainern, die dieses Niveau noch nicht erreicht haben,
unterstützt werden. Das hat den doppelten Vorteil, dass sowohl Spieler als auch
Trainer lernen. Ich glaube, bei den Jüngsten mit den besten Trainern zu
starten, kann ein richtiger Weg zur optimalen Ausbildung von Talenten sein.
Also eine Umkehr des
aktuellen Förderansatzes?
Ja. Die besten Trainer des Clubs gehen an die Kleinen, binden aber die
anderen Trainer mit ein, die so ebenfalls ausgebildet werden. Aber um das
unmissverständlich zu sagen: Wenn zehn Trainer an einem Spieler herumwerkeln,
ist das fatal. Es kommt im deutschen Golf vor, dass bis zu zehn Trainer
involviert sind! Aber wenn die alle ihre Ideen auf eine Spielerin oder einen
Spieler einprasseln lassen, dann können Sie sich denken, was dabei herauskommt.
Getreu dem Motto,
viele Köche verderben den Brei.
Wenn Sie so wollen, dann sind das alles Sterneköche in ihrer Kategorie,
aber auch jeder Sternekoch hat seine eigene Handschrift und da kann man so
viele Absprachen machen, wie man will: Jeder Trainer hat seinen grundlegenden
Weg und den verändert er, wenn überhaupt, nur minimal. Der junge Mensch muss sich ja nicht nur mit
den Trainern auseinandersetzen, dazu kommen noch die Physiotherapeuten,
Psychologen und dann kommt noch der Club, der den Großteil der Ausbildung des
Spielers bezahlt und natürlich auch seine Ansprüche an den Spieler hat, was den
Spielplan betrifft. Diese muss der junge Mensch alle unter einen Hut bringen,
hinzu kommen Schule und Privatleben.
Sie haben mit
Spielern wie Martin Kaymer oder Marcel Siem schon in frühen Jahren
zusammengearbeitet und diese Talente zu Profis geformt. Wie lange dauert es,
bis Sie ein Talent erkennen?
Die Frage ist immer, was ist ein Talent?
Das oft beschworene Golfer-Gen gibt es nicht. Es gibt Menschen die sich
gut bewegen oder weniger gut bewegen können. Sie können sehen, ob er oder sie
gute Motorik hat, die vielleicht auf den Golfsport anwendbar ist. Es gab viele Spielerinnen
und Spieler in dieser Zeit, die koordinativ sicher keine Weltmeister waren,
aber dennoch sehr gute Golfspieler geworden sind. Der Wille und die Geduld
aller ist der Schlüssel. Geduld schlägt Talent. Durch bestimmte Aufgabenstellungen
finden Sie relativ schnell heraus, ob jemand geduldig und willig ist.
Ein wenig Talent
gehörts also sicher dazu. Und der Rest…
…ist pure Arbeit. Pure Arbeit heißt allerdings nicht, dass man dabei keinen
Spaß haben darf. Das kann man sehr gut miteinander verknüpfen.
Sie haben einmal
gesagt: „Können kommt von Sachkenntnis“. Ist dies ein Bereich, der oftmals
unterschätzt wird?
Da ist aus meiner Sicht noch das Meiste herauszuholen. Sich bewusst zu machen,
was passiert bei einem Schlag eigentlich mit mir und meinem Körper, diese Frage
stellen sich aus meiner Erfahrung nur die wenigsten Golferinnen und Golfer.
Jeder Golfer ist ja ein Unikat. Hier sehe ich ein großes Defizit, dass das
nicht bekannt ist und zu wenig über Zusammenhänge aufgeklärt werden.
Wie viele Stunden pro
Tag beschäftigen Sie sich in der Regel mit Golf?
Das weiß ich nicht. Auf jeden Fall den größten Teil des Tages.
Gibt es einen
Ausgleich, den Sie für sich entdeckt haben?
Golf spielen (lacht). Ich spiele sehr gerne privat, mit angenehmen und
lieben Menschen. Ich spiele aber auch gerne alleine, lasse den Blick nach
rechts und links schweifen und genieße die Natur.
Wo spielen Sie gerne
privat?
Auf Plätzen, die gut gepflegt sind. Da haben wir in unserer Region eine
schön große Auswahl.
Sie haben im
vergangenen Jahr Ihren 60. Geburtstag gefeiert. Haben Sie einen golferischen
Wunsch, den Sie sich gerne noch erfüllen würden?
Nein. Meinen Golfwunsch aus dem Jahre 1984 habe ich mir bereits erfüllt.
Damals war ich das erste Mal als Zuschauer beim Masters in Augusta. Mein
damaliger Wunsch war, mit einem Spieler hierhin zurückzukehren. Es hat zwar
eine gewisse Zeit gedauert, aber dieser Wunsch wurde mir durch Martin Kaymer
erfüllt.
Zum Abschluss: Haben
Sie einen Experten-Tipp für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 14. Kölner
Golfwoche?
Wenn man am Spieltag auf den Platz geht, sollte man eher mehr Zeit auf dem
Putting-Green verbringen. Vor dem Spiel zudem unbedingt die Information einholen,
ob das Putting-Green in etwa identisch ist mit dem was wir auf dem Golfplatz
vorfinden. Dann wird es leichter mit der Umstellung auf unterschiedliche
Plätze.